Pressemitteilungen

Plenarsitzung – Tätigkeitsbericht 2024 der Kinder- und Jugendanwaltschaft 

Kinder- und Jugendanwältin Höller hat im Plenum des Landtages ihren Tätigkeitsbericht 2024 vorgestellt: mehr als 10.000 Kontakte und fast 1.600 bearbeitete Akten. Anfragen betrafen insbesondere Kinder- und Jugendschutz, Schule, Situationen mit Mehrfachproblematiken, Trennung und Scheidung, Mobbing und Gewalt. Stellungnahmen und Fragen der Abgeordneten.

Hat heute im Plenum des Landtages ihren Tätigkeitsbericht 2024 vorgestellt: Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller (Quelle: Südtiroler Landtag/Werth)

Da ist die Mittelschülerin Julia, die in der Klasse gemobbt wird, nicht mehr isst und nicht mehr zur Schule gehen will. Da ist der fünfjährige Mario, der in einer Pflegefamilie lebt, weil sich seine Eltern nicht ausreichend um ihn kümmern können. Da ist die volljährige Schwester, die von den kleinen Brüdern erfahren hat, dass sie daheim geschlagen werden. Da ist der 16-jährige Elias, der bei seiner Mutter lebt, aber zu seinem getrennt lebenden Vater ziehen möchte. Zu solchen und ähnlichen Situationen wird die Kinder- und Jugendanwaltschaft kontaktiert.

Das Team der Kinder- und Jugendanwaltschaft (KIJA) war auch im vergangenen Jahr insbesondere in der Beratung und Vermittlung tätig, wie Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller am heutigen Mittwochvormittag (10. September) bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichtes 2024 im Landtag betonte: rund 1.581 Akten wurden bearbeitet und mehr als 10.000 Kontakte gezählt.

Die Anfragen betrafen vor allem den Kinder- und Jugendschutz, die Schule, Situationen mit Mehrfachproblematiken, Trennung und Scheidung, Mobbing und Gewalt. Aus dem Tätigkeitsbericht geht zudem hervor, dass allen voran Mütter, andere Privatpersonen, Schulen und Vereine oder Verbände das Büro kontaktierten.

Auffallend sei, so Höller, dass seit einigen Jahren viele Kinder und Jugendliche das Büro direkt kontaktieren: Ca. 11 Prozent der Anfragen stammten von Minderjährigen selbst. Die KIJA-Box hat wesentlich dazu beigetragen. „Es handelt sich dabei um eine Box, in die Schülerinnen und Schüler nach den Vorträgen der Kinder- und Jugendanwaltschaft Kärtchen mit persönlichen Fragen und Anliegen einwerfen können. Im Anschluss kontaktieren wir die Jugendlichen in einem geschützten Rahmen, um über das Anliegen zu sprechen,“ erklärte die Kinder- und Jugendanwältin.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft hielt zahlreiche Vorträge und Workshops in Bildungseinrichtungen aller Stufen und in allen Landesteilen und erreichte dadurch rund 3.100 Minderjährige. Ein Teil davon waren Kindergarten- und Grundschulkinder, die dank des KIJA-Botschafterprojektes über ihre Rechte informiert werden konnten. Die Vorträge und Workshops ermöglichen es der Kinder- und Jugendanwaltschaft, im Bereich der Sensibilisierung und Prävention zu arbeiten. Neben den Vorträgen besuchte das Team zu Schulbeginn 10 deutsch- und italienischsprachige Oberschulen in Bozen, Sterzing und Bruneck, um bei Infoständen die Schülerinnen und Schüler über das Beratungsangebot des Büros zu informieren und Informationsmaterial zu verteilen. Zudem hielt das Büro auch Informationsveranstaltungen für Erwachsene zu kinder- und jugendrelevanten Themen.

Im Jahr 2024 nutzte das KIJA-Team vermehrt die Social-Media-Kanäle, um in Kurzvideos verschiedene Themen zu beleuchten, Projekte und Initiativen vorzustellen und über die Rechte junger Menschen zu informieren. In den Informationskampagnen ging es beispielsweise um die Rechte der Kinder bei Trennung oder Scheidung der Eltern, die Schüler- und Schülerinnencharta, die Rechte im Sport und die psychische Gesundheit.

Beispiele weiterer Initiativen des Büros sind das Erstellen von vielen neuen Broschüren und Falter, wie etwa zu den Themen Waffen, sexuelle Übergriffe gegen Minderjährige, Zustimmung zu sexuellen Handlungen, Mobbing, Cybermobbing, Verreisen, Tattoos und Piercings.

Viele der Projekte wurden im Netzwerk verwirklicht. Unabhängig davon hat sich die Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller regelmäßig mit Fachkräften verschiedener Dienste, Behörden und Vereine in verschiedenen Arbeitsgruppen getroffen.

In Bezug auf die Interessenvertretung war das Büro in Form von Stellungnahmen, Gutachten und Meldungen tätig. Außerdem hat die Kinder- und Jugendanwaltschaft auch im Jahr 2024 freiwillige Vormunde für nicht begleitete ausländische Minderjährige ausgebildet und begleitet. Im vergangenen Jahr wurde außerdem das Pilotprojekt der externen Ansprechperson für fremduntergebrachte Kinder und Jugendliche evaluiert. Aufgrund der positiven Rückmeldungen möchte die Kinder- und Jugendanwaltschaft auch in Zukunft in regelmäßigen Abständen Wohngemeinschaften in ganz Südtirol besuchen. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können und daher in einem Heim leben, über ihre Rechte zu informieren und sie bei persönlichen Anliegen zu unterstützen.

Einige Zahlen aus dem Tätigkeitsbericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft 2024:

10.878 Kontakte (8.304 Mails und 2.574 Telefonate)
3.124 durch Vorträge und Workshops erreichte Minderjährige
2.444 Follower auf Instagram und Facebook (Stand 31. August 2025)
1.581 bearbeitete Akten
127 Presseberichte in TV-, Radio- und Printmedien

Der vollständige Tätigkeitsbericht kann auf der Website der Kinder- und Jugendanwaltschaft heruntergeladen und nachgelesen werden.

Die Stellungnahmen und Fragen der Abgeordneten

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte u.a. an ein Thema, das im Landtag bereits mehrmals besprochen wurde: die Fremdunterbringung von Kindern. In diesem Zusammenhang kritisierte der Abgeordnete bestimmte Vorgehensweisen der Behörden, u.a. dass ein deutschsprachiges Kind “genötigt” werde, eine italienischsprachige Schule zu besuchen - dieses Kind müsse in einer deutschsprachigen Struktur untergebracht werden. Die KIJA solle in dem Fall intervenieren.
Es gebe einen enormen Mangel an Pflegefamilien in Südtirol, so LR Philipp Achammer und erkundigte sich u.a. nach dem Standpunkt der KIJA diesbezüglich. Es gelte das Kindeswohl zu schützen.
Die Misshandlungen von Kindern hätten in Italien laut nationaler KIJA zuletzt um 58 Prozent zugenommen, so Madeleine Rohrer (Grüne) und fragte nach entsprechenden Zahlen für Südtirol.
Waltraud Deeg (SVP) unterstrich u.a. die Wichtigkeit der KIJA als Stimme der Kinder und Jugendlichen. Welche Maßnahmen könne man - auch gesetzlich - setzen, um Kinder in Bereichen wie Mobbing im Cyberraum und anderen schützen. Die Abgeordnete erkundigte sich auch nach der Einnahme von Substanzen, die zunehme.
Franz Ploner (Team K) erkundigte sich u.a., ob sich seit der Coronazeit psychisch und physisch Änderungen bei Kindern ergeben hätten. Die KIJA habe auf Mehrfachproblematiken hingewiesen, wegen denen sich Kinder und Jugendliche an sie gewandt hätten - worum gehe es hier konkret. Auch er kenne den vom Abg. Knoll angesprochenen Fall ein wenig: Aufgrund EU-Regelungen sei es wohl nicht mehr möglich, Kinder im Ausland unterzubringen - entspreche das den Tatsachen.
Brigitte Foppa (Grüne) fragte u.a. nach, ob KIJA Höller im Laufe ihrer Amtszeit Änderungen beim Kindsein aufgefallen seien.

Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller antwortete u.a., dass Fremdunterbringung die Ultima Ratio sei. Bezüglich Sprache: Es könne sehr problematisch sein, wenn Kinder in Nachbarregionen untergebracht würden; es gebe das Recht auf Gebrauch der Muttersprache; es gelte hier Regelungen zu finden. Auch der Mangel an Pflegefamilien sei an sie herangetragen worden, obwohl dies ein wichtiges Rechtsinstrument sei - man müsse erkennen, welches die Gründe dafür sind. Es fehlten regionale Zahlen zu den Misshandlungen - und wenn Daten fehlten, dann sei es schwierig präventiv zu arbeiten. Bei Cybermobbing und Mobbing brauche es Ansprechpersonen, es sei ein Anliegen der KIJA, klare Handlungsabläufe dazu zu definieren. Zum Thema Corona - vorher/nachher: Der Eindruck der KIJA sei gewesen, dass die Kinder und Jugendlichen in der Coronazeit unterschiedlich stark getroffen worden seien, nun sei es ebenso - nicht alle seien gleich. Fast 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen seien seelisch belastet, aber es gehe nicht allein um Nachwirkungen von Corona, es gehe auch um Druck, Krisen etc. Situationen mit Mehrfachproblematiken seien zum Beispiel, wenn sich die Eltern trennen und ein Minderjähriger Probleme in der Schule hat und es ihm zugleich auch gesundheitlich nicht gut geht. Die Veränderungen im Kindsein: Die Themen hätten sich in den vergangenen 15 Jahren geändert. Kürzlich habe sie sich mit dem ersten KIJA ausgetauscht, der sie gefragt habe, ob die Anfragen zu Essstörungen häufig seien - das seien sie aber nicht mehr, weil es inzwischen geeignete Fachstellen gebe.

KIJA/tres

Logo - Südtiroler Landtag