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Anfragen bei Kinder- und Jugendanwaltschaft im Jahr 2015 um ein Drittel gestiegen

2015 war ein spannendes Jahr für die Kinder- und Jugendanwaltschaft Südtirols (Kija). Es war das erste ganze Jahr von Paula Maria Ladstätter. Sie hatte das Amt im Sommer 2014 übernommen. Das wirkte sich in den Zahlen aus: 424 Termine haben die drei Mitarbeiterinnen der Kija im vergangenen Jahr abgewickelt, 35 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Angestiegen sind auch die bearbeiteten Fälle: Waren es im Jahr 2014 noch 532, so stiegen sie im Jahr 2015 um 13 Prozent auf 602. Davon wurde an 281 bestehenden Akten gearbeitet, 321 wurden neu angelegt. Es ging hauptsächlich um das Recht auf Familienleben inklusive Trennung, Scheidung und Besuchsrecht, vielfach auch um Gewalt.

Der Jahresbericht 2015

Das Team der Kija besteht aus drei Mitarbeiterinnen: Neben Kinder- und Jugendanwältin Paula Maria Ladstätter berät und netzwerkt Juristin Sarah Siller; Patrizia Viale ist für das Sekretariat zuständig. Ladstätter erklärt: „Wir hatten es 2015 mit sehr umfangreichen und komplexen Fälle zu tun.“ Meist gehe es nicht nur um ein Problem, sondern um Mehrfachproblematiken: Trennung, Scheidung, Besuchsrecht, Recht auf Vatersein, Recht, Oma sein zu dürfen; Misshandlung, Vernachlässigung, psychische, physische und sexualisierte Gewalt. Oft sei häusliche Gewalt Thema, Fremdunterbringung Minderjähriger, es gehe um Adoption, Pflegegeld, Spiel und Freizeit, Kindergarten, Mobbing in der Schule, Gewalt unter Kindern und Jugendlichen, um Schulverweigerung, Partizipation in der Schule, um Internet und Jugendschutz, Erziehungsfragen, Namensänderung, Autismus und Suizid. Auch 2016 bleibe das Recht auf Schutz vor Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung Schwerpunktthema der Kija.

Geht bei der Kinder- und Jugendwaltschaft eine Anfrage ein, zieht das eine Reihe von Schritten nach sich: Die Sach- und Rechtslage muss studiert, der Fall bewertet, es werden Notizen gemacht und Dokumente erstellt, um qualifizierte Rückantwort zu geben. „Der effektive Zeitaufwand einer einzelnen Anfrage an die Kija ist schwer zu quantifizieren, weil er unterschiedlich lang ist“, sagt Ladstätter.

Zum internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2015 hat die Kinder- und Jugendanwaltschaft eine neue, in den drei Landessprachen vorliegende Broschüre vorgestellt: „Kinder und Jugendliche haben Rechte: die Kinderrechtekonvention im Wortlaut & zum besseren Verständnis“ wurde sie genannt. Zum ersten Mal liegt die international verankerte Kinderrechtekonvention nun auch in ladinischer Sprache auf. Es geht bei den Kinderrechten um das Recht auf Leben, Nahrung, Bildung, Freizeit, auf Partizipation, Informations- und Meinungsfreiheit, um ein Recht auf Privatsphäre, auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, auf Schutz vor körperlicher oder geistiger Gewalt, vor sexueller oder wirtschaftlicher Ausbeutung.

Die Frühjahrstagung 2015 der Ständigen Konferenz der Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs fand am 11. und 12. März 2015 erstmals in Südtirol statt. Seit 2011 nimmt die Südtiroler Kinder- und Jugendanwaltschaft an dieser Konferenz teil. Es geht um die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

Im Juli 2015 rief die Kija junge Menschen dazu auf, Videospots zum Thema „Feeling good – feeling’ bad“ zu entwickeln. Es ging um „Momente unfassbaren Glücks oder unglückliche Zeiten“ und um „Verdientes Glück oder unverdientes Unglück“. Der Videowettbewerb wird in einem Monat abgeschlossen.

Die Zusammenarbeit mit Behörden und Vereinen ist für die Arbeit der Kija ein wichtiger Eckpfeiler. Paula Maria Ladstätter: „Nur im ständigen Dialog können die Zusammenarbeit verbessert und Vertrauen aufgebaut werden.“ So arbeitet die Kija im Netzwerk „Gewalt und Gewaltprävention“ mit, im Netzwerk „Kinder- und Jugendpsychiatrie“, in einem Netzwerk der Gemeinde Bozen gegen geschlechtsspezifische Gewalt, im Netzwerk „Familienbeirat“, in der Arbeitsgruppe „Hochstrittige Trennungsfamilien“, im Arbeitskreis „Kinder- und Jugendrechte“, außerdem ist die Kinder- und Jugendanwältin in ständigem Kontakt mit den anderen regionalen und dem nationalen Kinder- und JugendanwältInnen Italiens.

Anlässlich des internationalen Tages der Kinderrechte am 20. November 2015 hat der Arbeitskreis „Kinder- und Jugendrechte“, der bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft angesiedelt ist, Vereine wie „il sorriso - das Lächeln“, „AEB - Arbeitskreis Eltern Behinderter“, das „Blindenzentrum St. Raphael“, die „Südtiroler Lebenshilfe“, die „Sozialgenossenschaft HandiCar“ und den „Elternverband hörgeschädigter Kinder“ für eine Sensibilisierungskampagne gewonnen: Wie fühlt es sich an, nicht zu hören? Wie schenke ich mir ein Glas Wasser auf, ohne zu sehen? Wie geschickt rolle ich im Rollstuhl über alltägliche Hindernisse? Mit der Aktion „Verroll di – Spostati“ haben Betroffene am Aktionstag auf dem Silvius-Magnago-Platz in Bozen auf ihre Rechte - auf Rechte von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung - aufmerksam gemacht. Es gab unter anderem einen Rollstuhl-Parcours, wo Interessierte das Rollstuhlfahren testen konnten. Mittels verbundener Ohren hatten PassantInnen außerdem die Möglichkeit, sich in einen Menschen mit Hörschädigung einzufühlen.

Die Arbeit bei der Kija fordere die Mitarbeiterinnen heraus, sagt Paula Maria Ladstätter, es gehe um mehr als um Zahlen: „Jedes einzelne Schicksal bewegt, jede Anfrage und jedes Anliegen nehmen wir ernst.“ Dabei machten empathische Präsenz, aktives Zuhören und wertschätzende Kommunikation den Erfolg der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus.

Die Kija ist eine unabhängige Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche. Die jungen Menschen können sich darauf verlassen, dass ihre Anliegen vertrauensvoll und unter Einhaltung der Verschwiegenheitsbestimmungen behandelt werden, erklärt Ladstätter. Die Kija biete einmalige Beratung aber auch längerfristige Unterstützung an. Sie setze sich bei Bedarf mit Behörden oder Einrichtungen in Kontakt, die für die weitere Betreuung zuständig oder am besten geeignet seien. Die Kija arbeitet unabhängig, weisungsungebunden und ist niemandem hierarchisch unterstellt. Die Kinder- und Jugendanwältin übt ihre Arbeit überparteilich aus. Im Mittelpunkt ihres Interesses stehen die Kinder und Jugendlichen Südtirols.

Der Tätigkeitsbericht der Südtiroler Kinder- und Jugendanwaltschaft steht unter www.kinder-jugendanwaltschaft-bz.org zum Download zur Verfügung, kann unter Tel. 0471 97 06 15 in Papierform oder per Mail an info@kinder-jugendanwaltschaft-bz.org angefordert werden.

AM

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