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Bericht der Kinder- und Jugendanwältin

Paula Maria Ladstätter berichtete den Vizepräsident Roberto Bizzo und den Abgeordneten von ihrer Arbeit im vergangenen Jahr, zeigte auf, wo die größten Sorgen und Nöte der Kinder und Jugendlichen liegen, und wies auch auf den unzureichenden Personalstand hin.

Ladstätter bei der Vorstellung ihres Berichts

Paula Maria Ladstätter ist seit 21. Mai 2014 im Amt und kann auf ein Jahr voller Arbeit zurückblicken: 311 Kontaktaufnahmen und Beratungen, insgesamt 532 Fälle zu bearbeiten. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft könne ihren Auftrag nicht so versehen, wie es das Gesetz vorsehen würde, bedauerte Ladstätter, man hinke auch anderen ähnlichen Einrichtungen wie etwa der Tiroler Jugendanwaltschaft hinterher, hauptsächlich, weil es an Personal fehle. Dringend gebraucht wären eine Psychologin und eine Pädagogin.
Ladstätter erläuterte ihre Arbeit auch anhand von konkreten Beispielen, so den Einsatz für ein behindertes Kind, das nicht aus Kostengründen in ein Heim in Österreich abgeschoben werden wollte. Dabei wären gleich mehrere Artikel der UN-Kinderrechtskonvention verletzt worden. Schließlich sei erreicht worden, dass das Kind bis zum 18. Lebensjahr im Südtiroler Heim bleiben darf.
Der Großteil ihrer Arbeit bestehe im persönlichen Kontakt mit den Betroffenen, besonders am Wohnort von Kindern, die sie um Hilfe gerufen haben. Dazu kommen die Telefonberatungen, Fragen zum Recht auf Ausgehen oder auf Taschengeld, aber auch um Hilfe in Notsituationen, bei Gewalt oder Mobbing. Um Gewalt und Missbrauch gehe es um 3 Prozent der Fälle, berichtete die Jugendanwältin, bei 8 Prozent um familiäre Konflikte, bei 16 Prozent um Fragen des Jugendschutzes (z.B. Verkaufsverbot für Tabak und Alkohol), bei 17 Prozent um Trennungs- oder Schulthemen und bei 24 Prozent um Mehrfachproblematiken. Die Vielfalt dieser Themen sei ein Grund für den dringenden Personalbedarf. Ein weiteres Anliegen wären Ombudsstellen in den Heimen.
Ladstätter berichtete den Abgeordneten auch über ihre Öffentlichkeitsarbeit, um die Einrichtung bekannt zu machen. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft sei auch gut vernetzt, sowohl mit Jugendanwaltschaften anderer Länder und Regionen als auch mit anderen Stellen und Behörden, die für Kinder und Jugendliche zuständig sind. Neben dem Personalstand sei auch die derzeitige Amtsentschädigung und Rentenabsicherung der Kinder- und Jugendanwältin nicht angemessen - eine Rentenabsicherung sei derzeit nicht vorgesehen.

Diskussion zum Bericht

Sigmar Stocker (Freiheitliche) bemängelte, dass auch heute wieder die Landesregierung (bis auf LR Mussner) abwesend sei, und schlug vor, die Jahresberichte in die offiziellen Landtagssitzungen einzubinden. Er regte die Jugendanwältin auch an, das Medium Facebook stärker zu nutzen.
Jugendliche würden sich derzeit lieber per Mail als über Facebook an die Jugendanwaltschaft wenden, antwortete Ladstätter. In Österreich sei der WatsApp-Kanal sehr beliebt, darauf wolle man in Südtirol auch setzen. Den Kindern sei es wichtig, dass die Eltern keinen Zugang zu ihrer Kommunikation hätten. Grundsätzlich sei ihr aber der persönliche Kontakt wichtiger als der über soziale Medien. In den sozialen Medien steckten auch immer mehr Gefahren für Kinder und Jugendliche, so etwa das Mobbing mit persönlichen Fotos.

Pius Leitner (F) fand die Einstellung eines Psychologen bzw. Pädagogen angesichts der Aufgabenstellung als angemessen. Er fragte, wie vorgegangen werde, wenn Kinder als Spielball in Trennungskonflikten benutzt würden.
Auf solche Instrumentalisierungen gehe sie nicht ein, antwortete Ladstätter, ihr Hauptaugenmerk sei auf das Wohl des Kindes gerichtet.

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) bat Ladstätter, ihre Vorstellung zu Personal und Entschädigungen schriftlich vorzulegen, fragte, welche Strategie es gebe, um mehr mit den Jugendlichen in Kontakt zu treten. Auffallend sei, dass wenig von italienischen Jugendorganisationen die Rede sei.
Walter Blaas (F) fragte nach der Häufigkeit von Mobbingfällen, nach den regionalen Unterschieden bei der Häufigkeit der Fälle sowie nach der Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft.
Auch Ulli Mair (F) unterstützte die Forderung nach Einstellung von Pädagogen und Psychologen. Sie fragte, ob sich auch Kinder mit Migrationshintergrund an die Jugendanwaltschaft wendeten.
LR Florian Mussner dankte für die Zusammenarbeit in einigen Fällen an der Schule, bei denen die Hilfe der Kinder- und Jugendanwältin nötig war.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) fragte nach Entwicklungstrends der verschiedenen Arten von Fällen und nach der Zusammenarbeit mit Tirol.
Andreas Pöder (BürgerUnion) unterstützte die Forderung nach besserer personeller und finanzieller Ausstattung der Jugendanwaltschaft.
Eine konkrete Aufstellung dazu liege bereits vor, erklärte Ladstätter. Eine Aufstockung sei auch nötig, um diese Einrichtung bekannter zu machen und die Jugendlichen über ihre Rechte zu informieren. Italienische Kinder würden sich zurzeit noch weniger an sie wenden, aber mit einer Rubrik in einer italienischen Tageszeitung hoffe sie, diese Sprachgruppe besser zu erreichen. Das Phänomen Mobbing an Schulen sei schwer greifbar, das habe es immer gegeben, nur unter anderem Namen. Die Schulen müssten dazu Position beziehen und mehr informieren. Die unterschiedliche Zahl von Fällen in den Bezirken hänge oft auf von personellen Konstellationen zusammen, z.B. mit der Herkunft der Jugendanwältin. Für detaillierte Statistiken fehlten leider Zeit und Personal, das sei auch ihren Vorgängern so gegangen. Mit der Tiroler Jugendanwältin gebe es die beste Zusammenarbeit, von der sie viel mitnehmen könne. Mit der Volksanwaltschaft gebe es wenige Schnittstellen, eher mit dem Beirat für Kommunikationswesen, da beide Stellen für die Überwachung der Kommunikation zuständig seien - hier arbeite man zusammen.

Den vollständigen Tätigkeitsbericht gibt es hier: http://www.kinder-jugendanwaltschaft-bz.org/de/medien/taetigkeitsberichte.asp

 

AM

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